Warum die Deichdeern und ich uns nicht schon früher kennengelernt haben, frag ich mich manchmal.. aber dann eben so – und übers Bloggen! Julia, Mann und Sohn wohnen wenige Kilometer von meiner Mutter entfernt. Auch in einem sehr schönen Reetdachhaus und wie das alles kam?! Ach lest selbst…..
Moin. Ich bin Julia. Nach meinem Studium wollte ich immer in die große, weite Welt. Dann hab ich einen Bauern aufgerissen und es kam ganz anders. Besser.
Mein Traumprinz heißt Volker. Er ist 32 – und ja, ich weiß, dein Vater heißt wahrscheinlich auch so. Er ist gebürtiger Nordfriese und dort aufgewachsen, wo sich Fuchs und Igel „gute Nacht“ sagen: an der dänischen Grenze. Für Volker stand schon immer fest, dass er nach dem Studium in Kiel wieder in die Heimat möchte. Sein ausgeprägtes Heimatgefühl war ansteckend. Wir verbrachten unsere gemeinsame Freizeit im hohen Norden und aus meinen anfänglichen „vielleicht zieh ich nach Berlin oder Hamburg“ wurde dann die 800-Seelen-Gemeinde Bargum. Die Kombination aus ländlicher Idylle und einem Breitbandanschluss veranlassten uns ein Traumhaus zu kaufen: Ein altes, reetgedecktes Müllerhaus. Grenzenlos denken auf 300m². Hier ist genug Platz zum Toben und zum Entfalten. Ich mag das.
Die öffentliche Nahversorgung in unserem Ort besteht aus einer Bushaltestelle, einem Briefkasten und einem Zigarettenautomaten. Achja, und wir haben eine Kneipe, die vor drölf Jahren mal en vogue war. Hier hat Steffen Hennsler seine Koch-Ausbildung absolviert und (Obacht!) Beate Uhse irgendeinen runden Geburtstag gefeiert, für den sie extra den Saal hat renovieren lassen. Das ist gute 20 Jahre her. Der Saal ist derselbe. Ok, die Geschichten über dieses Happening auch. Ich mag das.
Während in den Metropolregionen ein gesellschaftliches Rencontre das andere jagt, können wir unsere Partyhighlights an einer Hand abzählen: Feuerwehrball, Grünkohlessen, Ringreiterball – und das Beste: das Bargumer Bettenrennen von der Landjugend. Letzteres war am vergangenen Wochenende. Über 2.000 Menschen pilgerten in unsere heile Welt und feierten, was das Zeug hielt. Tagsüber wurde mit fantasievollgestalteten Betten um die Wette gerannt, abends war HalliGalli. Auf dem Zeltfest kommt alles zwischen 15 und 55. Kinder werden von ihren Eltern begleitet, der DJ läutet mit „Summer of 69“ die dicke Rockphase ein. Es folgen „Westerland“ und „Nordish by nature“ (und ja: alle können die Plattdeutsche Passage). Unser Gin-Tonic heißt Cola-Cognac und den gibt es in rauen Mengen. Jeder kennt jeden. Und wenn man nicht jeden kennt, dann kennen sie dich, weil du die Else mit dem Blog bist. Man grüßt sich, prostet sich zu und im Laufe des Abends entwickeln sich Klo-Freundschaften im „Dixi-Dorf“. Dass man bei Wildfremden aufpasst, dass sie auf dem Plastikklo nicht überrascht werden, gehört zum guten Ton. Man passt aufeinander auf. Hält zusammen. Ich mag das.
Den Volkssport Ringreiten habe ich schon kurz angeteasert. Die Schleswig-Holstein- und Deutschlandflaggen rund um das Feuerwehrgerätehaus des Dorfes tanzen im Wind. Von weitem erklingt das Getrappel der Pferdehufe. Musikalisch untermalt wird es von den taktvollen Klängen des Radetzky-Marsches, der aus den Lautsprechern einer Sonderkonstruktion eines Ford Mondeos ertönt. Alles, was zwei Beine hat und sich auf dem Pferd halten kann, macht mit. Die üppig geschmückten Werbeeimer umrahmen die fünf Galgen, an denen entschieden werden soll, wer als Sieger mit einem prunkvollen Eichenkranz vom Platz schreitet. Highnoon. Nachdem die Sonne den Zenit überschritten hat, geht es los. Die Reiter in den grünen Jacken, teils ausrangierte Polizeisakkos (Upcycling!), stellen sich auf mit Fokus auf den Galgen. Fest in ihrer Hand eine lange Lanze. Die Galgen-Crew, bestehend aus „Stricher“, „Hangman“ und zwei „Ringsammlern“, beziehen ihren verantwortungsvollen Posten für die kommenden Stunden. So auch die Männer von Galgen eins: Bernhard Ohlsen nimmt in seinem Camping-Stuhl Platz. Er ist seit 1955 aktiv im Ringreiterverein. Was ihn am Ringreiten am meisten gefällt, ist das König abholen am Dienstag. Sonntags ist Proberingreiten, dienstags Königsringreiten. Das kommt noch von früher. Die Knechte durften sonntags mitmachen, die Bauern dienstags. Die ersten 15 Durchgänge sind geritten. Es folgt die Kaffeepause. Die Pferde verschnaufen in den schattigen Anhängern, Reiter und Zuschauer strömen in den Saal der benachbarten Gaststätte. Jede Familie hat ihren eigenen Tisch. Immer den gleichen. Wenn jemand Neues den Saal betritt, der noch nie zuvor bei der Kaffeetafel dabei gewesen war, sieht man dieses sofort an dem irritierten Blick. Die Stimmung ist losgelöst. Alle freuen sich, sich wiederzusehen. Unzählige Kinderwagen in Clubschiffgröße (hier ist die Nähe zu Dänemark auffällig) füllen die letzten Quadratmeter des vollbesetzten Saales. Dann geht es weiter – wieder 15 Durchgänge. Aus den Lautsprechern von „Rolfs Festplatzmusik“ ertönt ein Klassiker nach dem anderen. Der Gesang der Flippers rundet die Atmosphäre auf dem Festplatz ab. Zum Abschied des Tages galoppieren alle Reiter für die Ehrenrunde einmal um den Platz – musikalisch untermalt von Santionos „Hoch im Norden weht ein rauer Wind“. Jung und Alt schunkeln gemeinsam seicht von links nach rechts und schenken sich gegenseitig ein Lächeln. Der melancholische Höhepunkt des Jahres. Ich mag das.
Wenn du auch mal meinen Landleben zwischen Kind, Küche und Kuhstall kennenlernen möchtest, freue ich mich auf deinen Besuch. Entweder online auf deichdeern.com oder offline. Ab Herbst ist nämlich unsere Ferienwohnung bezugsfertig.
hah… übrigens war meine Familie häufig in eben dieser genannten Kneipe – die eigentlich sogar mal ein Sternerestaurant war (ob da jetzt noch ein Stern ist, kann ich Euch leider nicht sagen)… Schut unbedingt mal bei Julia vorbei und schaut Euch vor allem mal Ihre Instagram Stories an.. die sorgen bei mir für viel Gelächter! Ihr findet sie hier: www.deichdeern.com und bei Facebook, Instagram und Pinterest … und ich seh Dich hoffentlich nächste Woche mal auf ne Tass Kaff oder ne Grillage in NF.
Alles Liebe
Claretti
Blogger, Stylist, Tastemaker – als Stylistin aus Hamburg und Nordfriesin lebe ich inzwischen zwischen Stadt und Land, mit Familie und immer einem Lachen auf den Lippen. Seit 2011 gibt es diesen Blog auf dem ich mehrfach die Woche neue Ideen und Inspirationen mit Euch teile. Ob Rezepte, DIYs, Reisen oder einfach nur persönliche Geschichten. Schön, daß Ihr da seid….
Ann-Christin sagt
Haha, lustig, ich erkenne mich und unser 1.000 Seelen Dorf wieder! Ich habe sogar 10 Jahre und sehr gerne in Hamburg gelebt, wollte aber immer wieder zurück aufs Land. Ich finde dieses Leben auch wunderbar, mag die Musik vom Spielmannszug und das Dorffest, Tannenbaumverbrennen und Osterfeuer. Und dass meine Kinder mit Natur und Feldern aufwachsen und unter Menschen, die sie kennen. Nur unser Haus ist leider nicht so schön wie eures…
Viele liebe Grüße (ich guck dann mal aufs Feld) Ann-Christin
Ulla sagt
So ein toller Gastbeitrag. Den Blog MUSSTE ich sofort abonnieren.
Herzlichst Ulla
Windmeer sagt
Ich freu mich immer, wenn du etwas über Nordfriesland schreibst. Vielen Dank für die Vorstellung der Deichdeern – habe ich gleich abonniert!