Ihr Lieben,
heute ist der 12. und ich hatte mir vorgenommen nach langer Zeit endlich mal wieder bei 12von12 mitzumachen.. Und ich bin gescheitert – woran eigentlich – ich würde sagen am Alltag.
Aber alles von Anfang an.
Ich bin mit einer Wut im Bauch wach geworden. Und wollte einen Brief an den Hamburger Senat schreiben.
„Sehr geehrter Herr Dr. Tschentscher und sehr geehrte Abgeordnete in Regierungsverwantwortung,
ich hab‘ Wut!
Wir stehen hier jeden Tag im Leben, halten Timings und Fristen ein, sogen für einen runden und reibungslosen Ablauf im Berufsleben: mein Mann, in dem er junge Erwachsene bildet und aufs Leben vorbereitet. Ich, in dem ich u.a. auch Projekte für die Stadt Hamburg pünktlich und zuverlässig betreue und für mich und auch einige freie Mitarbeiter sorge. Wir sind verlässlich! Jeden Tag aufs Neue.
Gleichzeitig wollen wir für unsere Kinder verlässliche Eltern sein. Wir sind da, wir hören zu, wir sorgen für sie und wir sind rund um die Uhr ansprechbare, liebevolle Eltern. Fangen ihre Sorgen auf, ihre Fragen, ihren Frust. Egal, wie mütend wir sind. Nachts bereite ich meine Unterlagen vor, denn zusätzlich habe ich mitten in diesem Corona-Alltag gerade auch noch eine Sozialversicherungsprüfung. Warum gerade jetzt?! Als fiele uns die Alltagsbewältigung nicht schon schwer genug: geschenkt. Dass die Prüferin gezielt nach „Verfehlungen“ sucht: geschenkt. Ich schaffe das schon. Ich bin ja verlässlich. Und habe die letzten Jahre alles verlässlich gemacht.
Aber das, was gerade passiert, ist nicht verlässlich. An einem Tag gehen die Kinder in den eigeschränkten Regelbetrieb, am anderen wieder in den Notbetrieb. Jede Woche wieder eine neue Entscheidung – ohne Konzepte oder Perspektiven. Noch immer ist eine Testung in Kitas nicht vorgesehen (es gibt gerade eine Testreihe in anderen Kitas in Hamburg). Jeder Tag in der Kita ist eine Runde Russisches Roulette. Wenn die Kinder überhaupt hingehen dürfen. Jeden Tag kommt hier die Frage: „Mama, wann darf ich wieder in die Kita?“. Und jeden Tag muss ich antworten: „Ich weiß es nicht!“
Auch bei der Impfstrategie fragt man sich: Wie ist es mit Kassiererinnen, Handwerkern, Paketlieferanten, Lehrern auf weiterführenden Schulen, Taxifahrern, Professoren, Busfahrern … und so vielen mehr?! Ach ja – und Eltern?! Aber die brauchen die Impfung ja nicht, oder? Die sind ja eh zuhause. Und dadurch erstmal auf dem Abstellgleis geparkt und durch die Doppelt- und Dreifachbelastung irgendwie auch mundtot gemacht.
Wie soll ich verlässlich sein und meinen Kindern Verlässlichkeit beibringen, wenn selbst der Staat, der ein verlässliches Organ sein sollte, keine Verlässlichkeit gibt?!
Ich könnte ja auch mal aufhören, verlässlich zu sein – vielleicht fang ich mal mit den Steuern an…
Mit mütenden Grüßen
Clara Moring“
ja – so startete mein Tag und eventuell war ich zu mütend und emotional um wirklich einen sachlichen und fundierten Brief an den Senat zu schreiben. Also legte ich das ad acta und der Tag nahm dann irgendwie weiter seinen Lauf. Und so sitz ich hier. Abends um 21:30 mit Rückenschmerzen aus der Hölle (denn ich war bei der Physio), müden Augen und vielen Fragezeichen…
Wollt ihr sie sehen – meine 10 Bilder?! Da kommen sie:
Frühstück, Lüften der Pflanzen ,die ich neulich gekauft habe und ein Mädchen neben mir am Schreibtisch
Die Kleine war mit ihrem Fellfreund unterwegs und kam in den Hagel! Für die Große und mich gab es Nudeln mit Pesto.
Videokonferenz an Toniebox, Schreibtischstimmung und ein grosses Glas voller Osterschokolade.
Nicht im Bild Physiotherapie, verbrannte Pfannkuchen und zu wenig getrunken.
Also – alles wie immer!
Ich geh jetzt ins Bett! Ist vielleicht besser so. Und vorher klick ich noch bei Caros 12von12 vorbei und schau ob anderswo eine ähnliche Stimmung herrschte!
Alles Liebe
Claretti
Blogger, Stylist, Tastemaker – als Stylistin aus Hamburg und Nordfriesin lebe ich inzwischen zwischen Stadt und Land, mit Familie und immer einem Lachen auf den Lippen. Seit 2011 gibt es diesen Blog auf dem ich mehrfach die Woche neue Ideen und Inspirationen mit Euch teile. Ob Rezepte, DIYs, Reisen oder einfach nur persönliche Geschichten. Schön, daß Ihr da seid….
Nic sagt
🧡 ich drücke dich!
Devina sagt
Aus dem Herzen geschrieben!!!
Warum nicht abschicken……??
tastesheriff Clara sagt
wahrscheinlich mach ich es doch! Ich schlaf noch ne Nacht drüber! <3 Danke!!
Kathi sagt
Unbedingt abschicken!!!
Ramona sagt
Liebe Clara, bravo! So treffend und super geschrieben. Genauso sieht es doch aus.
Liebe Grüße Ramona
tastesheriff Clara sagt
Danke liebe Ramona! Herzliche Grüße Clara
Jessie sagt
Danke dafür – hier im Dez. ähnliches.. Post vom Finanzamt – 5 Jahre sollten nachgewiesen werden – innerhalb von 10 Tagen.. bin schreiend im Kreis gelaufen und wollte dem Finanzamt nen brennenden Kackhaufen in den Briefkasten schmeißen.. (Ja Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.. aber trotzdem 😑) hab ne Pöbelmail geschrieben. Nie ne Antwort drauf bekommen – aber mir ging’s besser!
Petra sagt
Ganz dringend abschicken! Liebe Grüße und weiterhin durchhalten! Von einer Mama die auch sehr „menervt“ ist
Uschi Ronnenberg sagt
Ich finde, der Brief fängt gut an! Schlüssig und emotional – und warum sollten wir nicht emotional sein „dürfen“? Die Versäumnisse der Politik beeinflussen schließlich unsere vielen einzelnen Leben, mit genau dieser nervenzerrenden, entsetzlichen Unverlässlichkeit! Ich verstehe Dich so gut.
Selbst bin ich inzwischen von ohnmächtigem Zorn (ungesund für mich) zu resigniertem Warten auf den Impftermin, begleitet von einer strengen Nachrichtendiät, übergegangen…
Jana sagt
Liebe Clara,
schick den Brief ab – er ist genau richtig so, wie er ist.
Für Diplomatie ist gerade keine Zeit und für das Rumgeseiher gibt es ja genügend Politiker in
entsprechenden Positionen, die das Wohl Bürger schon lange nicht mehr im Blick haben, sondern
nur noch Hahnenkampf betreiben. Ich glaub, die nennen das Wahlkampf : ich sehe allerdings nur eitle Gockel, die auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind.
Und ja: das habe ich gerade bewusst nicht gegendert !
LIebe Grüsse aus dem Süden
Jana
Katie sagt
Den Brief abschicken. Denn so ist es . Und sonst drück ich dich gedanklich, coronafreundlich, virtuell.
Ina sagt
Unbedingt ABSCHICKEN!!!!!
Heike sagt
unbedingt abschicken! Ich komme aus Baden-Württemberg und habe heute morgen auch einen Brandbrief an unseren Herrn Kretschmann geschickt, weil ich sauer bin und erschöpft und wütend und ausgelaugt und ich keine Perspektive mehr sehe. Wir Familienwesen müssen den Mund aufmachen, denn für uns macht ja leider offensichtlich keiner den Mund auf!
Marion sagt
Unbedingt abschicken liebe Claretti! Damit sprichst Du vielen, vielen außerdem der Seele…. habe zwar leider keine Kinder, aber gegen Steuern mal nicht zahlen hätte ich auch nix 🙈
Sibylle sagt
Abschicken! Du sprichst mir so aus der Seele! Obwohl „nur“ Großeltern habe ich eine, mich bald erstickende Wut , im Bauch. In Ba-Wü geht es mit den Impfungen nicht voran, wir können den Kindern nicht zur Seite stehen. Corona Sucks!!
Ilka Arndt sagt
Wo ist dieser Brief denn unsachlich? Er spiegelt doch genau die Tatsachen. Schick ihn ab, unbedingt, sonst machst du dich selber mundtot.
Wir hatten so viel Hoffnung auf Tests und Impfungen gesetzt. Jetzt haben wir beides – und haben es doch nicht, weil politisch verantwortliche aus nicht ganz nachvollziehbaren und teilweise äußerst unsachlichen Gründen verhindern, dass beides positive, also eindämmende Effekte auf das Infektionsgeschehen hat.
I feel you.
Von einer auch ohne Kinder (Kinder nicht mehr/ Enkel noch nicht) ziemlich mütenden Ilka gesendet.
Bini sagt
Du sprichst mir so aus der Seele! Unbedingt abschicken und öffentlich(er) machen – damit er auch die Beachtung bekommt, die er mindestens verdient!
Sima sagt
Bravo, ich schick dir einen dicken Drücken und eine Menge Applaus übers Internet! Ich würde den Brief abschicken und notfalls kann ich ihn auch gleich mit unterschreiben!!
Liebe Grüsse
Eine Mama mit vier Kindern
HamburgerDeerns sagt
„Dass die Prüferin gezielt nach „Verfehlungen“ sucht: geschenkt…“ Ehrlich gemeint, finde ich unpassend. Ich kann alle Eltern verstehen. Seit einem Jahr das hin und her, aber die Kolleg*innen ohne Kinder in dem entsprechenden Alter tragen das alles mit, egal in welchem Bereich. Ich zum Beispiel an einer unnahen Einrichtung. Viele arbeiten mit Präsenzpflicht, sind nicht geimpft und jeden Tag fragen sie sich: kommen die Kolleg*innen oder nicht, wie sieht der Dienstplan aus. Wer ist daran Schuld, das ist doch die alles entscheidende Frage.
Wünsche Dir trotzallem gute Nerven und Gesundheit.
tastesheriff Clara sagt
Hallo „dasunbekanntewesen“ – Danke für Deinen Kommentar. Ja . Du hast total recht. Gerade für Kinderlose ist es momentan auch schwer, denn auch das gemeinsame arbieten leidet da drunter. Auch bei uns. Und ich bin froh, dass meine Kinderlosen Kolleginnen mich so oft unterstützen.
Es ist für alle verzwickt und schwer.
Liebe Grüße Clara
P.s. Bei der Prüfung hatte meine Elternschaft keine Relevanz. Trotzdem bin ich nicht sicher, ob Prüfungen in der Zeit mit knappen Timings so ideal sind. Und ob Prüfer in der Kreativwirtschaft nicht auch etwas Ahnung von der Kreativwirtschaft haben sollten. Aber ich möchte hier nicht so weit ausholen und es hat auch keine Relevanz. Wie gesagt. Ich habe mir dafür die Nächte zusätzlich um die Ohren geschlagen und alles rechtzeitig und lückenlos abgeliefert.
HamburgerDeerns sagt
Ich glaube wir laufen alle mehr oder weniger am Limit. Wir haben jeden Tag mehrere Stunden Telefondienst und sind für „alles“ verantwortlich, was an der Uni bzw. den Bibliotheken vor Ort nicht so wirklich läuft, wie es sich die Menschen wünschen. Aber es wird besser und euer Garten oder mein Balkon – habe gerade eine Unsterblichkeitspflanze gekauft – helfen dabei, deshalb ein Dank für die gute Laune machenden Berichte aus dem Garten.
Christina sagt
Die Gefühle, die du in deinem Brief beschreibst, sind grad wichtiger, als fundierte Aussagen. Die führen uns seit einem Jahr nicht mehr weiter.
Jeder neue Beschluss fühlt sich an, als wäre er von Leuten gemacht, die fern jeglicher Realität sind, keinen „normalen“ Beruf ausüben und vor allem keine Kinder haben.
Ich bin auch für das Abschicken deiner Zeilen… Aber vielleicht folgt dir Herr Tschentscher und hat ihn längst gelesene ;-)
Christina sagt
Die Gefühle, die du in deinem Brief beschreibst, sind grad wichtiger, als fundierte Aussagen. Die führen uns seit einem Jahr nicht mehr weiter.
Jeder neue Beschluss fühlt sich an, als wäre er von Leuten gemacht, die fern jeglicher Realität sind, keinen „normalen“ Beruf ausüben und vor allem keine Kinder haben.
Ich bin auch für das Abschicken deiner Zeilen… Aber vielleicht folgt dir Herr Tschentscher und er hat sie längst gelesen. ;-)
Angelika sagt
Liebe Clara,bitte genau so abschicken!!
Ich bin zwar bereits im Omaalter und betreue aber neben meinem jüngsten Neffen noch Kinder aus der Nachbarschaft und sehe wie Eltern am Anschlag sind!!
Das ist alles der pure Wahnsinn ( auch hier in Berlin)!
Der Brief ist gut so – meiner wäre schärfer!!
Herzliche Grüße
Angelika