Ihr Lieben,
und da ist wie wieder um! Die neue Woche in Corona Zeiten. Mit viel Ratlosigkeit, vielen Fragen wie es weitergeht und auch einigen Momenten der Wut. Meine Freundin schrieb: „Und man weiß noch nicht mal, auf wen man sauer sein soll. Ich wäre so gerne sauer auf was. Aber wie soll man sauer auf nen unsichtbaren Virus sein.“ Und da mit hat sie recht! Und selbst ich, der ja immer eigentlich nach der Devise lebt: „leben und leben lassen“, fängt an sich über andere Menschen aufzuregen. Das will ich nicht. Aber vielleicht gehört das gerade zu dieser Zeit…
Wie viele Tage sind wir schon zuhause?
Seit Freitag den 13.3. – es fehlen mir die Worte dazu viel mehr zu sagen. Ich kann aber einen schönen Artikel verlinken, den ich gelesen habe. Der trifft meine Stimmung auf den Punkt.
Wie ist die aktuelle Stimmung?
Geht so! ja – so ist es wohl. Ich fühle mich wie auf einem Abstellgleis geparkt, Weichen umgestellt und vergessen. Ich werde wütend, wenn ich höre, dass um Bundesligaspiele diskutiert wird und über 4 Millionen Menschen mit kleinen Kindern einfach mal eben alles so machen sollen. Es macht mich wütend zu sehen wie die Menschen in Gruppen einkaufen gehen, Risikogruppen das alles abtun und sich über geschlossene Cafés beschweren und wir hier zu hause sitzen müssen und nicht mehr wissen wo oben und unten ist. Und uns geht es ja noch gut in dieser Situation. Bei so vielen Menschen ist es deutlich tragischer. Es ist bei mir eine Mischung aus Traurigkeit, Fassungslosigkeit und Wut.
Die Kinder sind zufrieden und das ist gerade die Hauptsache. Diese Woche war mein Mann da und nächste Woche ist er wieder in Hamburg. Mal schauen wie es wird. Aber meine Mutter darf jetzt nach über 2 Wochen von uns in der Isolation auch endlich mit den Kindern etwas machen. Und das hilft uns sehr.
Der schönste Moment diese Woche?
Das Büro ist komplett. Wir hatten eine Bürobesichtigung und nun sind auch die letzten 2 Plätze belegt! Wir freuen uns sehr und das nimmt mir natürlich auch eine grosse Sorge. Trotzdem ist es komisch die beiden „Neuen“ nur über Facetime kennen zu lernen! Ich freu mich schon auf den ersten gemeinsamen Kaffee.
Ansonsten gab es auch viele schöne Familienmomente. Die Grosse, die mit ihrem Ehrgeiz lesen uns schreiben lernen will und so stolz die Steine vom Gemüsebeet beschriftet hat und das mit dem Lesen auch schon langsam echt gut hinbekommt. Und die Kleine die uns mit ihrem unglaublich grossen Humor so manches mal zum lauten Lachen gebracht hat.
Der schlimmste Moment diese Woche?
Einkaufen zu gehen, die Gleichgültigkeit von Menschen zu sehen und das Gefühl zu haben diese Solidarität wird von großen Teilen der älteren Generation mit Füssen getreten. „Was geht mich das an…“, „ich hab ja nix“, „ich muss halt jeden Tag nochmal ein paar Besorgungen machen“, „Einkaufen und in Ruhe mit Frau Meyer quatschen ist ja das einzige was ich noch habe.“.. und zeitgleich sind so viele Menschen mit kleinen Kindern zu hause, um genau diesem Menschen vor Ansteckungen zu schützen und wissen dabei nicht mehr aus noch ein. Aber die ältere Generation kümmert dies an vielen Stellen nicht. Statt dessen fühlen sie sich noch diskriminiert und aus der Gesellschaft ausgegrenzt.
Ich hab dazu eine kurze Instagram Story gemacht… und über 500 Direktnachrichten dazu bekommen. Hah! Das hat mich erstmal für viele Stunden beschäftigt.
Und ja – ich weiss das es auch sehr viele andere gibt. Und man nicht pauschalisieren darf. Und ich lebe ja auch mit einem der guten Beispiel unter einem Dach. Meine Mutter hat wirklich seit Anfang März das Grundstück nicht mehr verlassen. Aber so war mein Erlebnis an diesem Dienstag und am Ende saß ich weinend im Auto. Weinend vor Enttäuschung, weinende vor Wut, weinend vor Überlastung und weinend wegen Weltschmerz.
Was stresst dich gerade?
Die Ungewissheit. Das nicht planen können. Die Kraftlosigkeit. Die Genervtheit. Der Schlafmangel. Mein eigener Anspruch.
Was hat besonders Spaß gemacht?
Im Garten zu sein. Mit den Kindern „Expeditionen“ ums Haus zu machen. Das Gemüsebeet weiter anzulegen, ein paar Baustellen auf dem Grundstück etwas anzugehen und mit meiner Mutter zusammen etwas Struktur rein zu bringen.
Was haben wir diese Woche selber gemacht?
Bis auf viel Gekoche, habe wir in dieser Woche wenig selbst gemacht. Ja – wir haben viel im Garten gearbeitet – so weit es neben dem Job ging. Wir haben Dinge gesät und rumgeräumt, Regale gestrichen.. aber richtig was selbst gemacht haben wir nicht.
Was haben wir diese Woche gekocht?
Mehrer Kuchen für den Blog gebacken.
Bratwurst am Lagerfeuer, Nudeln mit eine Hähnchen-Paprika-Tomaten-Soße, Salat, Abendbrot, Reste, Kartoffeln mit Quark. Es wurde gegrillt und ansonsten verwandeln sich die Kinder langsam aber sicher in kleine Affen. Unser Bananen Verbrauch ist unendlich hoch. Ich muss schon immer beim Einkaufen lachen, wenn ich 15 Bananen in den Korb lege. Die reichen bei uns für 3-4 Tage. Und 2 Kilo Äpfel bekommen wir in der Woche auch problemlos verbraucht. Darüber bin ich wirklich froh! Gerade wenn die Kinder so viel draussen sind, haben sie ja auch ständig Hunger. Die Ostereier werden ganz langsam auch weniger – aber sehr von uns eingeteilt.
Eins hab ich noch! Eine Artikelempfehlung. Kathrin schreibt auf ihrem Blog Waldwege zum Thema Natur und Naturerfahrungen. Wir haben uns irgendwann man kennengelernt und ich hab sie direkt sehr ins Herz geschlossen. Ich finde sie macht alles mit so viel Bedacht und geht Dinge aus einem anderen Blickwinkel an, was ich sehr inspirierend finde. In der Zwischenzeit hat sie sich zur Wildnispädagogin ausbilden lassen und hat eine schönen Artikel geschrieben zum Thema Naturverbindungen in der Stadt. Gerade für alle Eltern in der Stadt, die die Kinder beschäftigen müssen, ist das eine schöne Ideensammlung.
So .- ich sammel mal meine Kräfte und starte in den Tag! Ich hab diesen Artikel irgendwann zwischen 6:00 und 8:30 Uhr morgens geschrieben. Und eigentlich wollte ich jetzt erstmal etwas aufräumen. Es sieht hier aus….Aber ich spring nun doch erstmal unter die Dusche.
Alles Liebe und behaltet die Kraft.. wir brauchen sie alle!
Clara
Die Idee zum Familientagebuch stammt übrigens von Kerstin von Sanvie. Sie veröffentlicht das jeden Freitag und ich nun auch schon seit Woche EINS!
Blogger, Stylist, Tastemaker – als Stylistin aus Hamburg und Nordfriesin lebe ich inzwischen zwischen Stadt und Land, mit Familie und immer einem Lachen auf den Lippen. Seit 2011 gibt es diesen Blog auf dem ich mehrfach die Woche neue Ideen und Inspirationen mit Euch teile. Ob Rezepte, DIYs, Reisen oder einfach nur persönliche Geschichten. Schön, daß Ihr da seid….
Julia sagt
Ich mag dein Familientagebuch :) und finde mich in vielem wieder, v.a. was die Gefühlslage angeht… Es ist ein auf und ab. Meine beiden Töchter sind ein bisschen älter als deine, gehen beide schon zur Schule, aber auch da gibt es (noch) keine richtige Perspektive. Homeschooling und Homeoffice unter einen Hut zu kriegen ist teilweise echt anstrengend. Ich habe wirklich Angst davor, dass wir uns mit den neuen Lockerungsmaßnahmen gerade alles versauen und die zweite große Infektionswelle kommt… dann fängt alles wieder von vorne an.
Bleibt gesund und munter!
Liebe Grüße
Julia
tastesheriff Clara sagt
oh liebe Julia, vielen Dank für Deinen Kommentar! Wir schaffen das!! Ich glaub dran! Irgendwie! Aber wir schaffen es ! Liebe Grüße an Dich!
Martina Bross sagt
Jetzt folge ich dir geraume Zeit,bin eigentlich nicht deine Zielgruppe, da eher im Alter deiner Mutter und muss dir endlich meine Anerkennung für deine stimmungsvollen Phantasie anregenden Bilder und Worte zollen.Du schreibst so erfrischend und ungekünstelt.Weiterhin viel Kraft und bleibt gesund!
Rezepte habe ich schon erfolgreich kopiert
tastesheriff Clara sagt
Liebe Martina, ich freu mich sehr über Deine Nachricht! Liebste Grüße und auch viel Kraft an Dich
Clara
Janine sagt
Ich mag dein Familientagebuch. So ehrlich und ungeschönt in dieser sonst falsch-perfekten Social-Media-Welt. Danke dafür! Und ich kann dich so gut verstehen. Wir (Theater-Menschen) sind auch seit 13.3. zuhause, das wird wohl auch bis September noch so bleiben. Die Angst und Ungewissheit, ob und wie es dann weitergeht ist allgegenwärtig. Als ich gestern in den Nachrichten hörte, dass der Fußball wohl jetzt wieder starten soll, da der Verband sonst 750 Millionen Euro verliert, ist mir fast alles aus dem Gesicht gefallen. Als ob es nichts wichtigeres gäbe. Aber gegen 750 Millionen können unsere Alltagsprobleme nicht anstinken!
Diese Sorglosigkeit mancher Senioren macht mich wütend. Habe das hier auch schon beobachtet. Und dass in Schleswig-Holstein – einen Tag vor Beginn der Maskenpflicht – der Verkaufsoffene Sonntag durchgezogen wird, macht das Ganze auch nicht besser.
Alles Liebe,
Janine
tastesheriff Clara sagt
oh ja! Die Theaterwelt!! Ihr Ärmsten!! Für Euch ist es so tragisch!! Ich schick dir ganz ganz liebe Grüße und schick Dir ganz liebe Grüße und ganz ganz viel Kraft und eine baldige Verbesserung!
Alles Liebe
Clara
Jutta S. aus HH sagt
Liebe Clara, ich kann Dich gut verstehen. Die Sorglosigkeit von einigen Menschen, die einem bei den wenigen notwendigen Besuchen im Supermarkt begegnet ist erstaunlich und macht mich auch wütend. So viele Menschen stellen ihr gesamtes Leben ein und hoffen darauf, dass dies Wirkung zeigt und andere treten dies mit Füßen. Meine Kinder sind schon ziemlich groß, hier haben wir zum Glück nicht soviel auszustehen aber auch hier fehlen Freunde und Sport ect. Aber wir halten durch und hoffen, dass diese Lockerungen uns nicht auf die Füße fallen. Bleibt fröhlich, ich schaue Euch sehr gerne bei Eurem Landleben zu, und vor allem drücke ich die Daumen dass alle gesund bleiben oder wieder werden. Liebe Grüße aus HH, Jutta
tastesheriff Clara sagt
Vielen lieben Dank für Deine Nachricht Jutta! Wir sind happy wieder hier im Norden zu sein.. mal sehen wie sich die nächsten Wochen entwickeln! ich schick Dir ganz liebe Grüße und wünsch Euch viel Gesundheit
Alles Liebe
Clara
Sophia sagt
Du sprichst mir so aus der Seele! Danke für die Einblicke in euer Familienleben. <3 Alles Liebe!
tastesheriff Clara sagt
oh liebe Sophia! Vielen lieben Dank!!
Liebste Grüße
Clara
Ilka Arndt sagt
Was du beschreibst, heißt Katastrophenfatique. Ein Erschöpfungssyndrom in in einer Situation, die man nicht verschuldet hat, nicht beeinflussen kann und deren Entwicklung, gar Ende, nicht absehbar ist. Ein Leben in ständiger Alarmbereitschaft also. Der Name macht es nicht besser, aber was man benennen kann, darüber kann man reden. Es wird (an)greifbarer.
Ich bin ohne Klein- und Schulkinder fein raus. Mein Wutobjekt sieht konkret anders aus. Mit dir gemeinsam ärgere ich mich über Menschen, die so tun, als wäre nichts oder ginge sie nichts an. Hier werden Kinder eingepfercht, Alte weggesperrt und Existenzen ruiniert – für genau diese Ignoranten. Ich habe nicht heulend im Auto gesessen, sondern Menschen angeschrien. Und dann zu Hause geheult. Denn ich bin nicht die, die schreit.
Wir müssen aufpassen auf uns, auf unsere Seelen.
Herzlichst! Ilka
tastesheriff Clara sagt
oh ja – Schreien ist in der Verzweiflung ja auch manchmal ne Lösung!
Katastrophenfatique ist schon fast wieder ein schönes Wort!
Ich schick Dir ganz liebe Grüße! Und ja – Obacht mit den Seelen!
Alles Liebe
Clara
Annette sagt
Ich mag deinen Blog und deine Art zu schreiben sehr. Heute musste ich richtig lachen, als ich das Foto von deiner Tochter sah – Wollmütze, lange Strumpfhose und nackte Füße – einfach klasse. Es ist schön zu sehen, wenn Kinder so unaufgeregt aufwachsen können.
Meine Jungs sind schon groß, da sind es ganz andere Fragen in Sachen Krise: wie wird das mit dem Abitur nächstes Jahr, wie soll ein Semester funktionieren, wenn alles nur online geht und die Server dem nicht gewachsen sind.
Ich selbst bin auch nur müde, weniger Aufträge und trotzdem irgendwie nicht mehr Zeit – komisch aber so ist es und wir müssen es aktzeptieren. Deine Wut kann ich gut nachvollziehen, ging mir heute sehr ähnlich.
Liebe Grüße und passt gut auf Euch auf
Annette
tastesheriff Clara sagt
Oh liebe Annette, wie schön von Dir zu hören!
ja – kleine Kinder kleine Sorgen, große Kinder große Sorgen! Ja – ich kenn die andere Seite ja sehr gut! Bei meinem Mann wurde alles auf Onlinestudium umgestellt. Ein Kraftakt, aber die Server sind stabil! Nun wird wieder auf Präsenz umgeplant! Mal sehen wie das läuft und ob er und dann auch wir uns infizieren.
Wir schaffen das!!
Alles Liebe
Clara
2xMama sagt
Oh, wie schön wäre es, einen „Schuldigen“ zu haben, dann wüsste man wenigstens wen man anschreien kann, statt vor Angst, Wut oder aufgebrauchten Nerven die Kinder oder den Mann anzupflaumen…
Der Lehrer-Mann muss ab Montag wieder in die Schule – und meine kinderlose Kollegin besteht auf abwechselndem Home Office, also kann ich ab jetzt immer abwechselnd eine Woche im Home Office arbeiten und die Kinder betreuen und habe dann eine Woche, in der ich noch nicht weiß, wie die Betreuung gehen soll.
Notbetreuung fände ich furchtbar. Wenn alle Kinder jetzt dorthin gehen, hätte man sich die Isolation gleich schenken können. Mal sehen, wann wieder alles dicht gemacht wird, weil man einfach zu früh geöffnet hat.
Menschen, die sich nicht an Abstände usw. halten machen mich auch unendlich wütend, hier rennen täglich 5-8 Nachbarskinder zusammen herum und manche Nachbarn machen weiter, als ginge sie das alles nichts an.
Bisher dachte ich, wir schaffen das ganz gut und Hauptsache, wir sind zusammen und gesund, aber irgendwie kommt gerade ein Durchhänger mit Angst und Verzweiflung durch.
Um so schöner, Euer Tagebuch zu lesen, Deine Fotos wirken so „idyllisch“, so wünscht man sich, die Kinder aufwachsen zu lassen, auf dem Land, mit Oma und jeder Menge Platz.
So und jetzt tief Luft holen und weiter, wir schaffen das, bestimmt, irgendwann
tastesheriff Clara sagt
ja – in diesem Fall wär ich sogar bereit den Schuldigen zu hauen! haha!!
Ich schick Dir liebste Grüße – so von Durchhänger zu Durchhänger!!
Wir schaffen es, bestimmt und irgendwie
Liebste Grüße an Dich
Lady Stil sagt
Ach menno Claretti, alles so bäääääh gerade!
Ich war heute tatsächlich das allererste Mal einkaufen! Bisher hat das mein Mann gemacht! Ich war so geschockt! Ich mit Maske und Handschuhen bewaffnet! Andere…. ich sag nur soviel… die maskenlose Dame, die sich halb über mich beugte, um sich auch einen Salatkopf zu nehmen… was läuft da schief? Erzählungen meines Sohnes, der ja seit gestern wieder zur Schule muss… ohne Worte! Da wird der Abstand in den Klassenzimmern Dank auseinandergestellter Tische eingehalten, aber bevor die Klassenzimmer betreten werden herrscht Gedränge! Ebenso nach der Pausenklingel! Alle Türen auf und ZACK ALLE im Gang und auf den Treppen! … ich will gar nicht mehr erzählen… macht nur wütend!
Liebe Grüße an euch und ein sonniges Wochenende,
Moni
tastesheriff Clara sagt
Oh liebe Moni! Wie krass! ja – ich möchte das gar nicht hören aus den Schulen. Ich war die letzten Tage ja viel einkaufen, auch weil die die Besorgungen für meine Mutter mache und da dann fast täglich neue Wünsche kamen.. Aber ich hab es jetzt auch stark minimiert! Aber heute wieder! Und .. ach.. es ist wie es ist!
Ich schick Dir ganz ganz liebe Grüße!! <3
Alles Liebe
Clara
leni sagt
Du sprichst mir so sehr aus der Seele. So doof es ist, aber es ist beruhigend zu wissen, dass es anderen genauso geht.
tastesheriff Clara sagt
Ja – das ist auch irgendwie schön, also dass man nicht allein ist! Liebste Grüße an Dich!
Andrea sagt
Die Belastung, die Eltern vor allem mit jüngeren Kindern haben, kann ich mit drei Teenagern sehr gut nachvollziehen, aber auf die „unvernünftigen“ Senior*innen schimpfen, die “gedankenlos“ einkaufen gehen, ist auch nicht richtig. Meine Mutter ist 81, mein Vater 83. Sie leben in einer eigenen Wohnung und vor Corona funktionierte dies auch sehr gut, mit Unterstützung von meinen Geschwistern und mir und den Enkel*innen. Mein Vater ist seit 6 Jahren bettlägerig und ein Vollpflegefall. Er kann nichts alleine machen. Zweimal am Tag kommt der Pflegedienst 30:Minuten zur Körperpflege. Füttern, Getränke reichen, Fernsehprogramm umstellen, Bücher vorlesen ect. macht nun alles meine Mutter. Vor Corona mit Unterstützung ihrer 4 Kinder und Enkel*innen. Dies ist seit fast zwei Monaten nicht möglich. Außer der Körperpflege muss sie mit 81 nun alles andere alleine erledigen. Großeinkäufe werden ihnen vor Tür gestellt. Beide leiden sehr unter sehr Situation und dass sich meine Mutter „Auszeiten“ nimmt, mit einmal wöchentlich Kleinigkeiten einkaufen, um den Block laufen am Abend, ect. kann ich sehr gut nachvollziehen und rate ich ihr auch nicht ab. Sie kann nicht 24 Stunden sieben Tage ohne etwas anderes zu sehen sich um meinen Vater kümmern, muss aber bei ihrem abendlichen Spaziergang „Alte gehˋ nach Hause“ und ähnliches anhören. Würden sie in einem Seniorenheim leben, würden sie vielleicht nicht mehr leben. Sie nimmt es noch mit Humor, ich würde sie gerne in den Arm nehmen und sagen, es wird alles gut. Es leiden alle, nicht nur Eltern mit ihren Kindern, die die Risikogruppe schützen sollen, sondern auch die ältere Generation. Bitte mehr Verständnis, es liegt vielleicht auch ein Grund vor, warum sich Senior*innen im öffentlichen Raum aufhalten und freuen, nach Tagen von Einsamkeit ein bekanntes Gesicht beim Einkaufen zu sehen und sich vor Freude dann zu unterhalten.
tastesheriff Clara sagt
Liebe Andrea,
vielen lieben Dank für Deinen Kommentar. Ich kann mir vorstellen, dass es eine sehr sehr schwierige Situation für Euch ist. Und es ist toll, dass Deine Mutter es alles noch su gut geregelt bekommen. Und es geht hier nicht um Spaziergänge oder ähnliche Situationen. Ich habe in den letzten Tagen und Wochen skurrile Begnungen gehabt. Von Menschen die bei uns auf Grundstück kamen um sich die Narzissen anzuschauen, von Supermärkten die gefüllt waren mit Ehepaaren über 80m Von Gruppen von rüstigen Rentnerinnen die sich lautstark auf der Strasse darüber unterhielten, dass sich für sie ja nix geändert hätte. Von Menschen die sich nicht an Abstandregeln hielten und von Samstagsausflügen von ü75 jährigen Paaren in den Baumärkte. Das sind die Momente und Begegnungen die mich treffen. Ich habe sie nicht beschimpft und würde mir das auch nicht anmassen. Aber ich höre auch die Meinungen der Freundinnen meiner Mutter, die nicht einsehen sich einzuschränken oder sich beschweren, dass bei Ihren Tagesausflügen die Cafés geschlossen haben.
Es tut mir leid, dass Dich meine Meinung so getroffen hat.. Ich schrieb aber auch „Und ja – ich weiss das es auch sehr viele andere gibt. Und man nicht pauschalisieren darf. Und ich lebe ja auch mit einem der guten Beispiel unter einem Dach. Meine Mutter hat wirklich seit Anfang März das Grundstück nicht mehr verlassen. Aber so war mein Erlebnis an diesem Dienstag und am Ende saß ich weinend im Auto. Weinend vor Enttäuschung, weinende vor Wut, weinend vor Überlastung und weinend wegen Weltschmerz.“ ..Und ich kann Dir sagen. Meiner sehr aktiven Mutter in einem guten gesundheitlichen Zustand und ohne Vorerkrankungen fällt es auch nicht leicht sich da zurückzunehmen, aber sie sieht die Notwendigkeit. Ich fänd es falsch, wenn ich meine Empfindungen und Begegnungen in diesem Fall aussen vor lassen, da sie meine Woche wirklich sehr beeinflusst habe und ich es auch nach wie vor so sehe.
Ich wünsche Dir viel Gesundheit und liebste Grüße an Dich und Deine Familie
Clara
Andrea sagt
Liebe Clara,
ich hoffe du hast meinem Kommentar nicht mißverstanden. Ich unterstelle dir nicht, das du Senior*innen beschimpfst, kann ich mir bei dir auch nicht vorstellen. Die Menschen, gleich welchen Alters, die absichtlich oder unbedacht Abstandsregeln ect. nicht einhalten, nerven mich auch. Manche spreche ich an, aber oft habe ich dazu auch keine Lust.
Ich wünsche dir und deiner Familie viel Kraft alles zu meistern und bleibt gesund
Andrea
Starky sagt
Liebe Clara,
Ich.mag dein Tagebuch sehr und deine Stimmungslage beschreibt genau meine von vorletzter Woche.
(Wir sind aber auch schon eine Woche länger daheim…)
Ich habe auch den Eindruck gerade sieht man nur noch ü60 beim einkaufen, und die nehmen Null Rücksicht. Abstand? Fehlanzeige.
Diese Woche ist meine Stimmung wieder besser, ich habe beschlossen, mich nicht ärgern zu lassen. Bringt mir ja nichts… Lieber konserviere ich die schönen Momente und plane Minikleinigkeiten auf die ich mich freuen kann…
Lg starky
Moira sagt
Liebe Clara,
auch ich mag Ihr Tagebuch und freue mich über Ihre lebendige Art, Ihre Gedanken auszudrücken.
Ich schreibe, weil ich denke, wir alle müssen uns hüten, eine Art Menschen (die Üxx) zu Schuldigen an unserer Isolation oder an der Pandemie zu erklären und uns selbst als Opfer zu sehen.
Ich bin ebenfalls genervt und entsetzt von der Sorglosigkeit einiger Mitmenschen und diskutierte und klärte auf, teils sogar mit Erfolg.
Ich bin auch genervt, dass wir mit 66 die Jüngsten in unserer Siedlung sind und wir ( mein Mann und ich) alle 2 Wochen abwechselnd für unsere Nachbarn und uns einen Einkauf in einem Diskounter machen müssen, weil alle hier keine am Ort lebende Kinder haben. Wir gehen nie zusammen, einer von uns ist danach 2 Wochen in freiwilliger Isolation, bevor er wieder einkaufen geht. Wir fahren auch nur einkaufen, wenn wir sehen, dass der Laden leer ist. Die Kassiererinnen wissen es und sind sehr freudlich. Aber irgendein jüngerer Mensch, meint immer, uns beleidigend belehren zu müssen ohne uns und den Hintergrund zu kennen.
Wir vermissen unsere Kinder und Enkel, die in einer Großstadt im Homeoffice und ohne Schule und Kita ebenso wie Sie belastet sind und dürfen sie nicht besuchen oder zu uns aufs Land herholen, sie unterstützen.
Wir müssten in einer Großstadt noch eine große Wohnung ausräumen, die wir jetzt, gerade frisch in Rente, nicht mehr brauchen. Aber wir dürfen keine privaten Helfer um Hilfe bitten. Die Wohnung wird einerseits dringend gebraucht, andererseits dürfen wir sie nicht räumen, Hausrat nicht verschenken an Selbstabholer. Wir wollten Ende März umgezogen sein. Da kam Corona und vergräbt unsere Kraft und Geld.
Das hat keiner geplant und vorher gesehen. In unserem Landkreis gab es nur 3 beim Urlaub in Ischgl infizierte um 40jährige, die bereits genesen sind.
Sind die nun schuldig an unserer Isolation? Sie setzten nur ein Ursache, machten uns zu Betroffenen. Es gibt bislang keine weiteren Infizierten.
Können wir nun sorglos sein? Wütend auf Ischgl, Skifahrer, Urlauber, Jüngere, Ältere?
Wir sehen überall Verstöße, besonders von jungen Männern, Rädern, Motoradrowdies, Familien mit vielen Kindern, Älteren, Jüngeren, Mittelalten, Räuchern, Eisschleckern…….
Es ist unserer Erfahrung nach eine Frage der eigenen Altersgruppenzugehörigkeit und Betroffenheit, wen man als störend wahrnimmt und auf wen man dann emotional reagiert und zu Schuldigen macht.
Ihr seid nicht unseretwegen oder für unser Wohlergehen in freiwilliger Isolation, sondern für Euer eigenes und aufgezwungenermassen,
Keiner hat sich das ausgesucht. Das müssen wir uns klar machen. Wir wollen alle unser Leben zurück und unsere Freiheit. Wir sind vernünftig und verantwortlich für die (unfassbare) Allgemeinheit und für die Zukunft. Viren machen keine Unterschiede. Zorn, Hass, Trauer, Vorwürfe trennen uns voneinander und bewirken, das manche Menschen nicht mehr bereit sind, sich ungerechte Schuldzuweisungen machen zu lassen und aufgeben, vernünftig zu handeln.
Übrigens sind unsere Ü80jährigen Nachbarn seit dem 12.3. bis heute, 27.4.20 nicht mehr draussen und in Gesellschaft gewesen! Das ist Verantwortung, aber ist es gesundes Verhalten der Allgemeinheit, sie dort allein zu lassen, sie vereinsamen zu lassen.
Einsam bis wann? Sie haben alle Smartphone, WhatsApp und Skypen, aber das ersetzt keine lebendigen Kontakte. Es hilft nur, nicht zu verzweifeln.
Irgendwie beginnt die Vereinsamung mit dem letzten Arbeitstag. Diskussionen, Meinungsaustausch, Streit, Stress, Vielfalt fehlt.
Uns in Rente und Euch im Home-Office, in Schulen, Betrieben usw.
Kein Mitleid, nur Denkanstöße und Diskussion.
Alles Gute und bleibt alle gesund und munter.
After Corona-Fantasien brauchen wir alle jetzt.