Heute hat die liebe Urte wieder einen schönen Artikel für Euch! Ich freue mich ganz besondern, als sie vorschlug einen Artikel über meine Freundinnen Lotte und Conny und ihr Label Bridge and Tunnel zu schreiben. Viele von Euch wissen ja, dass Lotte eine meiner Herzensmenschen ist, mit der ich bei der Brigitte gearbeitet habe, dann jahrelang ein gemeinsames Büro hatte und auch alle Bücher produziert habe. Inzwischen ist sie mit Conny zusammen der Kopf von Bridge und Tunnel. Ich bin von Anfang an dabei und natürlich sehr positiv befangen bei den Thema. Um so mehr freue ich mich, dass Urte dies zu ihrem Thema gemacht hat. Denn ich finde alle Menschen in Deutschland – ach – auf der Welt (was soll der Geiz?!) – sollten von Bridge and Tunnel erfahren:
Als ich mit Clara Anfang März diese Serie über Design und das kreative Leben in Hamburg plante, waren wir uns – zum Glück – noch nicht bewusst, wie unser aller Alltag sich in kürzester Zeit verändern sollte. Für uns alle ist das, was wir erlebt haben und noch erleben, herzzerreißend und frustrierend, aber in der Krise zeigt sich auch viel Kreativität und Hoffnung. Ich möchte euch heute gerne vorstellen, wie Hanna Charlotte Erhorn (Lotte) und Constanze Klotz (Conny) von Bridge&Tunnel, einem einzigartigen Fair Fashion Label aus Hamburg, mit der schwierigen Situation umgehen.
Wenn man sich für gutes Design und fair fashion made in Hamburg interessiert, kommt man an Bridge&Tunnel nicht vorbei. Das Label fertigt aus Alttextilien und Materialüberschüssen, in erster Linie Jeansstoffen, neue Designs. So entstehen wunderschöne Blousons, Sweatshirts, Taschen, Kissenbezüge und mehr. Produziert wird nachhaltig und fair mit gesellschaftlich benachteiligten Menschen sowie mit Geflüchteten, die erst vor kurzer Zeit nach Deutschland gekommen sind. Auch die liebe Clara weiß natürlich, was gut ist: Sie hat Conny und Lotte schon vor drei Jahren in ihrer Werkstatt besucht und sich eine fabelhafte Tasche mitgebracht.
Bridge&Tunnel – Über die Brücke oder durch den Tunnel muss man eigentlich, um zu Lotte und Conny und ihrem Team zu kommen, denn sie haben ihre Werkstatt in Wilhelmsburg (für alle Nichthamburger: eine Insel inmitten des Hamburger Stadtgebiets). Nun konnte ich die beiden gegenwärtig natürlich nicht persönlich besuchen, um mit ihnen darüber zu sprechen, wie sie als Unternehmerinnen und auch als Mütter mit den Herausforderungen umgehen, die die Krise mit sich bringt. Also haben wir uns auf ein Gespräch und einen Kaffee per Videokonferenz getroffen….
An einem normalen Arbeitstag um elf Uhr würden Lotte und Conny natürlich nicht auf dem Sofa oder am Küchentisch sitzen, umgeben von Spielzeug und Hausaufgaben. Sondern sie säßen einander gegenüber am Tisch in der Werkstatt am PC und würden an ihren Projekten arbeiten, gemeinsam mit ihrem Team: sieben Mitarbeiter*Innen und zwei Werkstudentinen. Sie würden hier entwerfen, koordinieren, schneiden, nähen, verpacken…, und sie würden selbstverständlich auch über Privates sprechen, über Probleme und Freuden. Das fehlt nun.
Lotte und Conny ist es schnell gelungen, den Produktionsbetrieb umzustellen. Sie haben das Team geteilt, ein Teil hat drei Monate lang in Heimarbeit gearbeitet und ein Teil in der Werkstatt. Conny und Lotte betreuten abwechselnd die Teams. Das hat gut funktioniert, aber die beiden sahen sich gar nicht, klatschten sich höchstens mal beim Schichtwechsel aus der Ferne ab. Kontakt zueinander und zu den Mitarbeiter*Innen haben sie vor allem über das Telefon gehalten. Für die Mitarbeiter*Innen in Heimarbeit war das nicht immer einfach, denn bei Bridge&Tunnel geschehen viele Abläufe in Teamarbeit und natürlich geht eh immer alles besser im Team. Umso mehr freuen sich alle, dass jetzt die Teams wieder zusammenlegt werden können. Die Werkstatt wird so umgestaltet, dass alle mit genügend Distanz zusammen nähen können.
Den Beiden ist es trotz aller Widrigkeiten gelungen, ihre Produktion aufrecht zu erhalten, auch wenn momentan auf einige Materialien der Zugriff schwierig ist. Zusätzlich zur Kollektion näht das Team nun auch Schutzmasken, an denen sich das Label, das in einer gemeinnützigen GmbH organisiert ist, aber nicht bereichern möchte. Für die Masken gilt wie für alle Produkte, die Bridge&Tunnel herstellt: Es muss nicht nur gut aussehen, es muss auch ethisch korrekt sein und so entwickelten Lotte und Conny ein Spenden-Modell, bei dem ihr Masken an Menschen spenden könnt, die sich keine eigene leisten können. Die Bestellungen werden gesammelt und die Masken an Einrichtungen oder Menschen in Not verteilt.
Ein wesentlicher Aspekt des Konzepts von Bridge&Tunnel ist der persönliche Kontakt, den die beiden zu den Mitarbeiter*Innen halten. Sie wissen von den Sorgen und Nöten der Menschen, mit denen sie arbeiten. Diese Unterstützung aufrecht zu erhalten, wenn man nur halb da ist, das ist schwierig. Dazu kommt natürlich auch für sie der Druck, jetzt viel zuhause sein zu müssen, denn da sind Schulkinder und Kitakinder. Die Unternehmerinnen drücken aus, was so viele von uns momentan spüren: „Man ist ständig zerrissen, man wird keinem so richtig gerecht. Es fehlt immer ein Puzzleteil.“ Die beiden geben trotzdem ihr Bestes, um auch jetzt für ihre Mitarbeiter*Innen da zu sein. Orientierung zu bieten in dieser unsicheren Zeit, auch wenn das momentan manchmal nur zwischen Tür und Angel geht.
Diese Nähe, die Bridge&Tunnel auszeichnet, spürt man auch in der Kommunikation mit den Kund*Innen. Das Label, das sind sie, das sind echte Menschen. Auf ihrem Instagram Channel lassen sie hinter die Kulissen schauen, sie zeigen Werkstatt-Alltag, Zuhause-Alltag und auch mal, wenn etwas schief läuft. Man kann Conny zusehen, wie sie nach Wilhelmsburg radelt, Lotte beim Homeschooling beobachten, aber man kann auch über die Farbe einer neuen Maske abstimmen. Das macht Lotte und Conny aus: Sie nehmen die Leute mit. Dafür bekommen sie gerade momentan viel Support und Mutmacher-Nachrichten: von echten Menschen an echte Menschen.
Auf dem Blog ihrer Website (www.bridgeandtunnel.de) informieren Lotte und Conny ausführlich über ein Herzensthema: Hintergründe und Problematiken der Fashion Industrie. Die großen Modefirmen mit langen Lieferketten spüren die Auswirkungen der Krise besonders deutlich. Wenn etwa in Asien jetzt nicht geerntet oder produziert werden kann, müssen die Firmen umdenken. Lotte und Conny hoffen auf eine nachhaltige Änderung: weniger Oberflächlichkeit, weniger Kollektionszyklen in der Modebranche. Und darauf, dass die Kund*Innen realisieren: Die Dinge, die wir haben, sind nicht selbstverständlich da. Weder im Supermarkt noch im Fashionstore.
Es wäre so schön, wenn wir aus dieser Zeit eines mitnähmen, was Lotte am Ende unseres Gespräches sagt. Wenn wir uns klarmachten, dass hinter all den Labels, den Firmen, den Insta-Accounts echte Leute sitzen. Alle auch mal genervt und mal ängstlich und mal traurig. Und dass auch mal weniger geht.
Hej, ich bin Urte. Ich liebe Design und Kreatives und freue mich, euch hier bei Clara in Zukunft die kreative Szene Hamburgs vorzustellen: Kleine Labels, Maker und Manufakturen, Design- und DIY-Märkte.
Ich selbst habe seit einigen Jahren ein eigenes kleines Label, unter dem ich schöne Dinge aus Beton herstelle. In meinem neuesten Projekt, der Vaerkstatt, biete ich mit einer Freundin kreative Workshops in Hamburg an.
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